31.03.2023
Vor knapp einem Jahr hat der Vorstand unseres Qualitätsnetzwerkes Fussboden in seiner Vorstandssitzung in Augsburg beschlossen, mehr in den Bereich Aus und Weiterbildung der Mitarbeiter unserer Mitgliedsbetriebe zu investieren.
Karl-Heinz Niebler
Mit Karl-Heinz Niebler, Resort Aus- und Weiterbildung, Geschäftsführender Gesellschafter von unserem Mitglied Bauernfeind und Maximilian Viesel, Resort Kreative Designestriche, Meister und Nachfolger im elterlichen Mitgliedsbetrieb, konnten zwei neue Vorstandsmitglieder gewonnen werden, die zum einen die Verjüngungskur im Vorstand einläuteten und zum andern neu geschaffene Resortaufgaben übernommen haben. Die Ergebnisse Ihrer Arbeit wurden, wie bereits in dieser Ausgabe berichtet, den Mitgliedern bei den QV-Cheftagen 2022 den Mitgliedern und Fördermitgliedern vorgestellt.
Die Redaktion von Creafloor Forum hat mit den frisch gewählten Vorstandsmitgliedern über die Details der neuen Aus- und Weiterbildungsmodule gesprochen.
Redaktion: Sie beide haben mit Ihren neuen Ideen und Gedankenansätzen zur Aus- und Weiterbildung der Mitarbeiter voll in das Schwarze getroffen.
Karl-Heinz Niebler: Ja, das stimmt und wir sind auch richtig stolz darauf, einen solchen Volltreffer gelandet zu haben. Beide Weiterbildungsangebote im Januar 2023, sowohl das für Führungskräfte, Meister und Bauleiter wie auch das für Mitarbeiter und Auszubildende im 3. Ausbildungsjahr, waren wenige Tage nach der Vorstellung bei den QV-Cheftagen 2022 bereits ausgebucht. Es gibt auf Grund der Teilnehmerbegrenzung bereits eine Warteliste.
Redaktion: Überall am Bau und auch in anderen Handwerksbereichen verzeichnen wir eher eine Seminarflaute. Immer wieder hören wir von Herstellern aus der Industrie, dass sie eher Mühe haben die angebotenen Seminare und Bildungsangebote auszulasten. Was macht das große Interesse bei Ihnen aus?
Maximilian Viesel:Vielleicht liegt es daran, dass wir im Vorfeld die Zielgruppen intensiv nach ihren Bedürfnissen und Zielen befragt haben. Ich kann mich noch gut an meine Meisterausbildung und den damals gebotenen Lernstoff erinnern wie wenn es gestern gewesen wäre. Wir haben viel mehr für die Prüfung gelernt als für unsere eigentlichen Aufgaben. Und genau hier haben wir mit unseren Schulungsinhalten angesetzt.
Karl-Heinz Niebler: Ja, das kann ich aus meiner Arbeit als Geschäftsführer bestätigen. Die Welt am Bau hat sich total gewandelt. Die letzte Lehrplankorrektur der beruflichen Schulen und Meisterprüfung ist meines Wissens Jahre her. Dies ist kein Vorwurf, sondern einfach nur eine Feststellung. Unser QV-Leitbild vermittelt hingegen einen Mehrwert, den wir mit Inhalt gefüllt haben und in langer Detailarbeit dem bestehenden Ausbildungsdefizit adäquate Schulungsbausteine gegenübergestellt.
Redaktion: Wie haben Sie diese bestehenden Defizite ermittelt?
Maximilian Viesel:Wir haben sowohl mit den Geschäftsführern unserer Mitgliedsbetriebe wie auch mit den Führungskräften und den Mitarbeitern gesprochen. In diesen Gesprächen hat sich sehr schnell herausgestellt, dass wir auch die Auszubildenden im dritten Lehrjahr unbedingt in unsere Überlegungen einbeziehen müssen, denn gerade nach Beendigung der Lehrzeit ist die Abwanderung in unserer Branche sehr hoch.
Redaktion: Können Sie für unsere Leser, was den Ausbildungsinhalt anbetrifft, ein wenig konkreter werden?
Karl-Heinz Niebler: Etwas konkreter gern aber über das wirklich Eingemachte reden wir nicht so gern, denn wir wollen ja gerade vermeiden, von anderen außerhalb unseres Qualitätsnetzwerkes kopiert zu werden. Das wichtigste für uns war, dass wir unserem Leitbild folgend die Schulungsinhalte nach ihrer Wahrnehmungsachse gegliedert haben.
Nur wenn wir dem Gehirn eine Belohnung sprich, Anreiz, anbieten wird der neue Lernstoff auch gespeichert. Jeder Mensch hat seine ganz körpereigene Lernart beziehungsweise Lernstil. Hinzu kommt, dass wir die Ausbildungsgruppen gemäß ihrer täglichen Arbeit im Betrieb zusammengefasst haben. Demnach gibt es zwei unterschiedliche Lerngruppen mit definierten Lernzielen.
Maximilian Viesel: Nach unserer netzwerkeigenen Fünffinger Methode haben wir dann die einzelnen Schulungsbausteine zu Themenblöcken zusammen gefasst. Diese wiederum orientieren sich in erster Linie an den geschilderten Defiziten.
Redaktion: Das klingt spannend und interessant.
Karl-Heinz Niebler: Ja, das ist es auch. Der Kursteilnehmer lernt an leicht nachvollziehbaren Praxiserlebnissen und erarbeitet sich die Lösung selbst. Und er lernt nach seiner Biostruktur.
Redaktion: Was bedeutet das konkret?
Maximilian Viesel: Jeder Mitarbeiter, ob Führungskraft, Bauleiter, Kolonnenführer oder Auszubildender hat sein ganz individuelles Structogram und somit auch seine ganz persönliche Lernstruktur. Genau hier setzt unser Schulungskonzept an. Kein stupides abspulen von Daten aus der grauen Theorie, sondern an Hand interessanter Fallbeispiele aus der täglichen Praxis werden Lösungsansätze diskutiert. So bleiben hoffentlich alle aufmerksam dabei und haben Spaß an der Wissensaufnahme und deren Speicherung im Langzeitgedächtnis.
Karl-Heinz Niebler:: Auf der Baustelle ist es doch genauso. Der Schraubenschlüssel muss genau zur Muttergröße passen. Nur dann kann ich festziehen oder lösen.
Maximilian Viesel: Für uns als Vordenker ist dabei wichtig, dass das Lernziel nachvollziehbar und somit begreifbar wird. Wie sagt man doch so treffend der Köder muss dem Fisch schmecken und nicht dem Angler.
Redaktion:Das ist eine schöne Metapher. Können Sie mir dies an einem Beispiel verdeutlichen?
Karl-Heinz Niebler: Das mache ich gern. Zum Beispiel bei dem Seminarbaustein Menschenführung: Da gibt es nicht nur Schwarz und Weiß. Nein im Gegenteil, je nach Führungskraft und Aufgabe gibt es eine Vielzahl von Lösungsmöglichkeiten. Einen festen Rahmen jedoch haben wir für alle und der lautet: „konsequent sein“. Was eine Führungskraft denkt, muss sie auch sagen, Was sie sagt, muss sie auch tun, was sie tut, muss sie auch sein. Dies gilt bei uns für Führungskraft wie Mitarbeiter gleichermaßen.
Maximilian Viesel: Wir stehen erst am Anfang dieses neuen Weges. Wenn wir im Januar die ersten Seminare hinter uns haben, wissen wir mehr. Eines jedoch kann man heute schon sagen: Wir haben mit unserem Handeln den Nerv der Zeit getroffen.
Redaktion: Viel Erfolg und Danke für den tiefen Einblick in ihr Vorhaben.